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Inmitten einer tiefen Krise der industriellen Landwirtschaft, deren extremster Ausdruck der Rinderwahnsinn ist, freue ich mich, ein Grußwort zur Herausgabe eines Buches schreiben zu können, das neue Impulse für eine wichtige Alternative gibt.
Der Aufschwung des ökologischen Landbaus und die wachsende Vermarktung seiner Produkte in den letzten Jahren hat vielen bäuerlichen Betrieben, die unter den agrarpolitischen Vorgaben der Europäischen Union und der einseitigen Förderung, in die Rationalisierung vor dem Aus standen, eine neue Perspektive gegeben.
Gleichzeitig mit der wirtschaftlichen Bedeutung des Bio-Marktes ist das Ansehen ökologisch erzeugter Lebensmittel in der Bevölkerung gestiegen. Der ökologische Landbau wurde damit auch zum politischen Faktor, seine Bedeutung als Grundlage und Voraussetzung einer Ökologisierung der Wirtschaft im ländlichen Raum ist inzwischen über Parteigrenzen hinweg anerkannt. Die Existenzsicherung der Betriebe abseits der Sackgasse von "Wachsen oder Weichen" ist daher nicht nur von ökonomischem, sondern auch von politischem Interesse. So gibt sich zum Beispiel die EU weiterhin redliche Mühe, die Öko-Bauern nur als Randerscheinung zuzulassen, muß aber inzwischen die zunehmende Rolle dieser Ausnahme zur Kenntnis nehmen.
Dennoch sind wir Politiker an diesem Prozeß nur am Rande beteiligt. Wir können die Zusammenhänge zwischen Preisen, Qualität, ausgeräumter Landschaft, verseuchtem Wasser und allergischen Krankheiten deutlich machen. Wir können versuchen, die politisch-ökonomischen Rahmenbedingungen so zu gestalten, daß eine nachhaltige Produktion von Nahrungsmitteln wirtschaftlich ist und wird. Wir können die ökologische Landwirtschaft fördern und regionale Wirtschaftskreisläufe ausbauen. Doch ohne den persönlichen Einsatz und das Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher würden die Landwirte ins Leere produzieren, und der Politik fehlte das Subjekt.
Die Verbraucherlnnen sind bereit, Qualität neu und umfassender zu definieren und für nachhaltig erzeugte Nahrungsmittel einen Preis zu bezahlen, der die tatsächlichen Kosten widerspiegelt. Die Qualität der Lebensmittel beschränkt sich nicht mehr auf Rückstandsfreiheit, sondern schließt umweltverträgliche und artgerechte Produktionsweisen mit ein. Ökologische Landwirtschaft und nachhaltige Regionalentwicklung werden als politische Spitze gegen die zerstörerischen Prozesse der konventionellen Agrar- und Strukturpolitik verstanden empfunden.
Die, die sich der agrarindustriellen Logik verweigern, überleben nicht wegen des ökologischen Landbaus an sich, sondern weil sich das Bewußtsein der Bevölkerung in der Bereitschaft ausdrückt, für qualitativ hochwertige Produkte vernünftige Preise zu zahlen. Auch aus diesem Grund ist der Erweiterung des Marktes und der Förderung neuer Vermarktungsformen ein größeres Gewicht beizumessen als der staatlichen Subventionierung der ökologischen Wirtschaftsweise.
Ich hin überzeugt, daß das vorliegende Buch den aktuellen Debatten über "moderne" und "alternative" Vermarktungsformen neue Impulse geben wird und die oftmals schon festgefahrenen Positionen wieder in Bewegung bringt.
Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf, Mitglied des Europa-Parlaments für Bündnis 90/Die Grünen, Vize-Präsident des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung und Bio-Bauer
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